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Mein Werdegang mit der Hämochromatose (Stand: 06/2014)

Mittwoch, Juni 18th, 2014

Ich bin heute 64 Jahre alt.

Die Hämochromatose-Erkrankung wurde bei mir 1998, also als ich 49 Jahre alt war, festgestellt.

Wenn ich die Berichte anderer HVD-Mitglieder lese und ihren zum großen Teil langjährigen Weg bis zur Feststellung der HC-Erkrankung, dann verspüre ich dreierlei: Großes Mitgefühl für den leidvollen Diagnose-Weg, die dabei u.U. erlittenen irreparablen gesundheitlichen Schäden der Betroffenen – aber auch eine Wut über die offensichtlich immer noch mangelhafte Diagnosefähigkeit bzw. -bereitschaft in unserem Gesundheitsapparat, diese schwere Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

Daher möchte ich an meinem Diagnose-Weg zeigen, dass es auch ganz anders laufen kann:
Kraft war etwas, was mir reichlich in die Wiege gelegt wurde. Ich habe mein ganzes Leben lang intensiv Sport getrieben. Ich hatte Freude daran, Verantwortung in verschiedenen Bereichen privat und beruflich zu übernehmen. Ab Mitte 45 änderte sich langsam etwas: Ich fühlte mich öfter ausgepumpt, ausgelaugt, schlapp. Scheidung, Alleinerzieher für 2 Töchter (11 und 17 Jahre), ein Großprojekt bei der Arbeit… Ich schob meine Kraftlosigkeit auf meine momentane Überlast. Mit der Zeit kamen andere ungewohnte Symptome hinzu: Gelenkschmerzen in den Händen und Füßen (Mittelfuß und große Zehen), sporadische Oberbauchschmerzen, verstärkter Harndrang, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck. Mir wurde alles zu viel: Ich hatte das Gefühl, in jedem der Lebensbereiche Beruf, Kindererziehung, Freunde- und Bekanntenpflege viel zu wenig zu tun, zu „fehlen“.  Mit diesem Scherbenhaufen ging ich im September 1998 zum Arzt. 2 Wochen dokumentierte ich auf sein Anraten hin den Blutdruck und den Puls, sowie die Anzahl und Heftigkeit der Herzrhythmusstörungen. Ein EKG lieferte keine relevanten Fehlsignale. Die Oberbauchschmerzen wurden heftiger, die Kraftlosigkeit ebenso. Im November 1998 überwies mich mein Arzt in eine Diagnoseklinik. Nach 2 Wochen stand die Diagnose eindeutig fest: Primäre Hämochromatose, Transferrin-Sättigung (71,5%, Normwert 15 – 45%), Ferritin 1937 ng/ml (Normwert 23 – 180 ng/ml). Durch das Eisen waren bereits organische Schäden entstanden (Siderophilie der Leber, Pseudogicht, Harndrang). Es folgten wöchentliche Aderlässe von 500 ml über nahezu 1 Jahr. Ich wurde 3 Monate mittels Krankschreibung aus dem Verkehr gezogen. Die Aderlässe belasteten mich anfangs sehr: Jede Bewegung, das Treppensteigen, fielen mir extrem schwer.

Da saß ich nun; die Welt wirkte nach einem Aderlass filigran – fast durchsichtig, zerbrechlich. Ich hatte Anfangs das Gefühl, mir würde das Rückenmark herausgezüllt. Alle Welten brachen für mich zusammen: Neidvoll schaute ich jedem Radfahrer oder Jogger hinterher – eine Welt, die unerreichbar für mich war. Mir fielen die Namen von KollegInnen oder NachbarInnen nicht mehr ein, ich hatte Konzentrationsschwierigkeiten. Mir fiel auf, wie viel ich im Leben mit Kraft bewältigt hatte. Ich begriff die Welt nicht mehr, nichts passte mehr – ich wurde depressiv.

Jedoch: Mein Arzt hatte mir innerhalb von nur 3 Monaten die Diagnose „primäre Hämochromatose“ geliefert. Dafür bin ich ihm – und auch den Möglichkeiten in unserem Gesundheitsapparat – aus tiefstem Herzen dankbar!

Nach 3 Monaten fing ich an, mich an die wöchentlichen Aderlässe zu gewöhnen. Ich einigte mich mit meinem Arbeitgeber, am Tag des Aderlasses am Heimarbeitsplatz zu arbeiten. Auch die Spaziergänge konnte ich mehr und mehr verlängern. Die Stimmung hellte sich wieder auf.

Heute, 16 Jahre nach der Erstdiagnose, hat sich ein Rhythmus von ca. 7 Wochen für die Aderlässe von 500 ml herauskristallisiert. Am Tag des Aderlasses bin ich müde; ansonsten vertrage ich die Aderlässe gut. Die Gelenkschmerzen haben sich insgesamt verstärkt. Meine geliebten Hobbies – Holzplatten für Kunstdrucke zu schnitzen, das Tennisspielen und Segeln – musste ich aufgeben. Das damit verbundene Selbstbild und das soziale Umfeld brach weg: Ich musste mich „neu erfinden“. Dabei half mir eine Psychotherapie sehr. Nach wie vor bewege ich mich viel (radfahren, schwimmen, wandern). Ich bin davon überzeugt, dass das kontinuierliche, aber schonende sich Bewegen die HC-spezifischen Gelenkprobleme minimiert: Vor 4 Jahren bin ich mit meiner Frau den Jakobsweg nach Santiago gelaufen, ohne größere Probleme zu haben. Dennoch läuft die Angst mit: Ein Verkanten mit dem Knöchel und die Tour kann beendet sein, da in so einem Fall die Pseudogicht-Syndrome stark auftauchen. Ebenso schmerzhaft sind die beiden Mittelhände, die Daumen- und Zeigfinger-Gelenke, sowie neuerdings auch die Knie. Die Einnahme von Schmerzmittel will und konnte ich bis heute vermeiden. Aus den Berichten der HVD habe ich  von erfolgreichen Bestrahlungsmethoden („Radiosynoviorthese“) gelesen und schöpfe neugierig Hoffnung.

Die HC hat mich im vollen Lauf erwischt. Sie zog mir den Boden unter den Füßen weg. Ich musste mich neu ordnen, kleinere Brötchen backen. Heute denke ich, dass das auch ein Stück Glück war: Ohne diese Vollbremsung wäre ich wohl ein aussichtsreicher Kandidat für den Herzinfarkt gewesen. Inzwischen bin ich in Rente.

Und der Jakobsweg hat es mir gezeigt: Auch durch kleine Schritte kann man weit kommen – auf jeden Fall genussvoller.

Ich bin in guter Hoffnung, dass sich durch ständige Aufklärung über die Symptomatik der HC in der Ärzteschaft, durch Ergänzungen der Standard-Laborwerteerhebung und durch Aufklärung der Menschen in den Medien eine HC-Erkrankung möglichst frühzeitig erkannt werden kann.

Um diese Ziele zu unterstützen und  mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen, uns gegenseitig zu unterstützen, bin ich Mitglied der HVD geworden.

Mit solidarischen Grüßen
N.N. (Name ist der HVD bekannt)

Hämochromatose: Krankengeschichte, männlich, 60 Jahre

Montag, Mai 13th, 2013

Schwiegersohn spendet Teil seiner Leber: Ein Bericht der Hämochromatose-Vereinigung

Hämochromatose ist die erblich bedingte Eisenspeicherkrankheit. Auch Herr L.M. (Name geändert) ist davon betroffen und unterzieht sich seit Jahren einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle.

Im Sommer 2012 plötzlich die erschütternde Diagnose: Leberkrebs im letzten Stadium, die Lebenserwartung nur noch kurze Zeit. Das Klinikum veranlasste sofort über den Sozialdienst die Bereitstellung notwendiger Ausrüstungen, u. a. ein geeignetes Bett für die erforderliche Pflege zu Hause. Für den Betroffenen, selbst noch im Arbeitsprozess stehend, und seine Angehörigen war diese Diagnose ein Tiefschlag und sie standen vor einem schwarzen Loch. Selbst der Enkel konnte dies nicht fassen, bangte um seinen Opa und schrieb ihm:

„Gib bitte nicht auf, wir drücken dir die Daumen – viel Glück.“

Auf die Frage einer Lebertransplantation erfolgte durch den verantwortlichen Arzt eine negative Antwort, es stünden keine ausreichenden Spender zur Verfügung. Die Verabreichung von Medikamenten führte zusehends zum körperlichen Abbau und wurde eigenständig wieder abgesetzt und dem Klinikum mitgeteilt.

Als Angehöriger der Chemnitzer Selbsthilfegruppe Hämochromatose wurde Kontakt zu einem Sprechermitglied aufgenommen und entsprechender Rat eingeholt. Es wurde empfohlen, der Entscheidung des Klinikums zu widersprechen und direkten Kontakt mit dem der Selbsthilfegruppe nahestehenden und fachkundigen ärztlichen Experten aufzunehmen.

Eine Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass bei Gewinnung eines Spenders, der bereit sei, einen Teil seiner Leber zur Verfügung zu stellen, so z.B. durch die Ehepartnerin, Kinder oder dem Betroffenen nahestehenden Personen, eine Transplantation möglich sei. Die nächsten Angehörigen erklärten sich für eine derartige Untersuchung sofort bereit.

Im Rahmen der Diagnostik wurde die Leber des Schwiegersohnes für den Eingriff als geeignet befunden, der auch einer Transplantation zustimmte. 65 % der Leber des Schwiegersohnes wurden Herrn L.M. in der Universitätsklinik Jena durch den Ltd. Klinikdirektor mit Team erfolgreich transplantiert.

Betroffener und Spender erhielten danach eine umfangreiche Reha-Kur in entsprechenden Kliniken. Während der Schwiegersohn die Operation relativ gut überstand und durch seinen Arbeitgeber danach einen Schonplatz zur Verfügung gestellt bekam, musste Herr L. M. noch einige komplizierte Eingriffe über sich ergehen lassen. Kurz vor Weihnachten 2012 erfolgte dann die Entlassung nach Hause, wobei die gesundheitliche Verfassung dem Krankheitsverlauf entsprechend angepasst war.

Die ärztliche Nachsorge und Betreuung durch die Ansprechpartner der Universitätsklinik Jena bei weiteren Untersuchungen und auch bei Anfragen zur Anwendung von Arzneimitteln ist sehr gut. Ebenso war die Betreuung während des Aufenthaltes in den Reha-Kliniken, welche auf die Belange des Betroffenen gefühlvoll und individuell eingegangen sind, ausgezeichnet.

Im vorliegenden Fall zeigt sich wieder einmal die Bedeutung des Zusammenhalts der Familie und die Mitgliedschaft und Zusammenarbeit in einer Selbsthilfegruppe. Kontakt und Unterstützung Betroffener untereinander sind bei schwerwiegenden Diagnosen eine wertvolle Hilfe.

(Der Name des Patienten ist unserem Partnerverein, der Hämochomatose-Vereinigung bekannt)

Hämochromatose: Erfahrungsbericht einer Patientin

Dienstag, April 9th, 2013

Als ich am Krankenhaus erfahren habe, dass ich nicht Rheuma, sondern Hämochromatose habe, brach die Welt für mich zusammen.

16 Jahre lang wurde ich mit Rheumamedikamenten behandelt und keine Besserung.

Ich war innerlich total zerstört und wollte mich fast schon aufgeben.

Mein Mann hat mir die Selbsthilfegruppe empfohlen. Da habe ich erst mal erfahren, was es mit der Krankheit so auf sich hat und dass ich nicht allein bin.

Durch Gespräche und Ratschläge anderer Betroffener in der Selbsthilfegruppe habe ich meine Ausgeglichenheit und Ruhe wieder gefunden, dafür möchte ich mich recht herzlich bei Frau Dr. O. und Familie T. bedanken.

Machen Sie weiter so !

Der Name der Patientin ist unserem Partnerverein Hämochromatose Vereinigung Deutschland e.V. bekannt.

Erfahrungsbericht Fettleber

Montag, Februar 18th, 2013

Wegen eines Versicherungswechsels ging ich zum Hausarzt, um einen Gesundheitscheck zu machen. Zu meinem Entsetzen teilte dieser mir mit, dass ich eine Fettleber habe.

Damals wog ich ca 96 kg bei 183 cm Größe. Also ein BMI von 28,6, was über dem Normalen ist, jedoch nicht allzu bedenklich.

Jedoch trank ich seit meinem Studium also ziemlich genau 10 Jahre zwar mäßig aber doch sehr regelmäßig Bier oder Wein also ca 50mg (ca. 2 viertel Wein oder zwei Bier) täglich. Betrunken bin und war ich so gut wie nie. Auch trank ich nie tagsüber sondern immer nur beim oder nach dem Abendessen.

Da in München Biertrinken zur Normalität gehört, hatte ich mir zuvor auch kaum Gedanken gemacht, vor allem da mir Bier und Wein einfach gut schmeckten und ich es ganz gut vertragen kann.

Der Arzt dramatisierte den Befund sehr und auch meinen Alkoholkonsum.

Wegen der Leberwerte ging ich nach einer Woche Alkoholabstinenz wieder zum selben  Hausarzt wegen den Blutwerten. Zwei Tage später kamen die Resultate und er meinte das jetzt alles doch OK sei.

Nachdem der Hausarzt beim ersten Befund total über reagiert hatte (meine Leber total kaputt, ich Alkoholiker)  und  nach dem zweiten Blutbild meinte es sei alles wieder in bester Ordnung, konnte ich den nicht mehr ernst nehmen. D.h ich genehmigte mir wieder mein Feierabendbier.

Zudem fand ich damals seltsamerweise kaum Infos darüber, wie man eine Fettleber wieder abbauen kann.

Nach dem Sommerurlaub in Frankreich, wo zum Essen auch viel Wein getrunken wurde, hatte ich dann die Nase voll vom Alkohol. Ich konnte auch kein Wein mehr sehen. In der Nacht schwitzte ich häufiger (tendenziell seit meiner Kindheit), erkältete mich leicht und  wenn ich ein Gläschen Wein trank spürte ich Abend beim zu Bett gehen  ein ziehenden Schmerz am rechten unteren Rippenbogen. Ich Trank über die Wochentage nichts und am Wochenende dann auch nur die Hälfte wie sonst. Ohne die Ernährung sonst umzustellen nahm ich so über 5 kg ab.

Ohne mir dies wirklich für das neue Jahr vorgenommen zu haben laufe ich inzwischen drei mal die Woche, fühle mich viel frischer und tagsüber viel munterer als bisher. Trinke nur noch Sonntags ein Glas Wein und mir geht es sehr gut. Inzwischen wiege ich 88Kg und will noch ca 8 kg  bis 15 kg abnehmen. Die Leber (Blut) Werte will ich noch irgendwann checken lassen.

Als Fazit bin ich immer mehr entsetzt, wie Ärzte manchmal reagieren und auch kaum aufklären. Man eignet sich lieber Halbwissen aus dem Internet an (besser als keines), was dann auch von einem selbst fehlinterpretiert werden kann. Auch wird in Schwarz-Weiß-Rastern und sehr eindimensional gedacht. Zeitweise nahm ich auch regelmäßig Medikamente, von denen auch eines (Strattera) unter Verdacht steht, die Leber zu schädigen.

Zum anderen fiel mir auf, dass durch den verminderten Alkoholkonzum (der mir Anfangs schwer viel) der Körper die verminderte Energie durch süße Limonade wieder zuführen wollte. Diese trinke ich sonst gar nicht, hatte dann aber ganz plötzlich einen großen Durst darauf. So Sprüche wie „Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren“ oder „ein Glas Wein am Tag ist gesund“ führen einen schon in die Irre. Oft gibt es Gruppen, die das eine gleich verteufeln oder die anderen, die alles verharmlosen. Wichtig, aber schwer, ist die richtige Balance von allem zu finden.

Der Verfasser möchte anonym bleiben.

Hämochromatose: Patientenbericht, männlich (64 Jahre)

Mittwoch, Dezember 19th, 2012

Im Herbst 2007 wurde bei mir die genetisch bedingte Blutkrankheit „Hämochromatose“ entdeckt.

Glück im Unglück – Zufall oder wie soll man’s nennen.

Nach einer durch einen Sturz verursachten Knieverletzung, die auf dem Rückflug vom Urlaubsort fast zu einer Thrombose führte, begegnete ich im St. Franziskus-Hospital in Köln einem wissenden Arzt, der die Krankheit „Hämochromatose“ kennt.

Diesen Umstand bezeichne ich heute noch als” glücklich”.

Später, nachdem ich in den Hämochromatose-Verein-Deutschland (HVD) eingetreten war, erfuhr ich, dass dieses “Glück” nicht die Regel ist u. war. Zum Teil hanebüchene Diagnosen von nicht selten “unwissenden” und oft auch leider arroganten Ärzten sind keine Seltenheit. Beleidigende Äußerungen, wie -Alkoholmissbrauch- sind nicht selten.

Der mich behandelnde Arzt war nicht nur wissend, er war auch beharrlich. Ein Symptom, meine braune Hautfärbung (wie ich später erfuhr, ein typisches Merkmal) löste bei ihm den Verdacht aus. Die folgende Blutanalyse bestätigte einen hohen Ferritin-Wert, die anschließende Genanalyse bestätigte den Verdacht auf H.

Das anschließende Arztgespräch beinhaltete die bekannte Konstellation von der “guten” u. der” schlechten” Nachricht. Die schlechte war, ich habe diese Krankheit, die gute war, die krankheitsbedingte Veränderung meiner Leber war noch nicht in beängstigendem Maße fortgeschritten. Diese Informationen wirkten eher befremdend als erschreckend. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich von dieser Krankheit noch nichts. An dieser Stelle wird augenscheinlich, wie  wichtig es ist, einem zu begegnen, der die Krankheit kennt oder zumindest kennenlernen will, einem Arzt, dem der Patient vertrauen kann. Das steigende Wissen um die Krankheit und der in der Regel folgende Therapiebeginn (Aderlässe – 500ml in kurzen Zeitabständen über einen längeren Zeitraum hinweg), führen bei den Betroffenen oft zu einer großen Verunsicherung, so auch bei mir. Der Rhythmus bei meiner beginnenden Aderlass-Therapie war 14-tägig über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren hinweg.

In dieser Zeit begann die qualifizierte Rückschau auf meine Krankheitsgeschichte der letzten Jahre, d.h., welche meiner Krankheiten und Symptome können im Zusammenhang mit der Krankheit HH gesehen werden. 2001 und 2002 wurden mir künstliche Hüftgelenke implantiert. Eine ca. dreijährige Phase mit starken Schmerzen war erst einmal beendet. Dass meine Hüft-Arthrose sehr wahrscheinlich durch die HH ausgelöst wurde, war mir damals nicht bekannt.

Wie hilfreich Orthopäden für uns Betroffene wirken könnten, wenn das Wissen über HH weiter verbreitet wäre, zeigte sich in meinem Fall. Sehr auffällig ist schon der frühe Zeitpunkt, zu dem die OPs notwendig wurden, zudem zeigte sich bei einer Blutuntersuchung zur Vorbereitung der ersten OP ein signifikant hoher Eisenwert, der aber aufgrund beiderseitigen Unwissens folgenlos blieb. Diabetes wurde im Weiteren diagnostiziert (viele HH-Patienten sind davon betroffen). Beim regelmäßigen Sport (Phasen mit gewohnter Fitness), wechselten für mich oft unverständlich mit Phasen von Kraftlosigkeit u. Schlappheit. Gelenkschmerzen an Knie, Sprunggelenk und später dann Hüften traten immer häufiger auf. Durch das gewachsene Wissen über HH sah ich jetzt auch den frühen Tod meines Vaters (51Jahre) u. meines 1-Jahr älteren Bruders (57Jahre) mit anderen Augen. Beide klagten in ihren letzten Jahren über die typischen Symptome. Hier möchte ich auf die eingangs erwähnte Formel “Glück im Unglück” zurückkommen. Mein Glück bestand darin, dass diese Krankheit bei mir noch rechtzeitig im Krankenhaus erkannt wurde.

Zum jetzigen Zeitpunkt (5 Jahre nach dem Gentest) sind jährlich etwa 5-6 Aderlässe notwendig. Meine Leberwerte sind schon längere Zeit gut. Mit dem Diabetes zu leben, ist nicht immer ganz einfach. Leider muss ich bei mir (andere Betroffene klagen auch darüber) feststellen, dass die Gelenkschmerzen an Schultern, Knie u. Sprunggelenk zunehmen. Neuere Untersuchungen scheinen dies auch zu bestätigen. Die negativen Veränderungen an den Gelenken gehen noch nach dem Stopp der Eisenüberladung weiter. Ursprünglich dachte man, durch die Senkung des Eisenwertes sei dieser Prozess gestoppt.

Gerade an dieser Stelle will ich erwähnen, wie wichtig mir die Mitgliedschaft in der HVD ist. Große Hilfe wurde mir zuteil in der Zeit, als ich zunehmend das Wesen dieser Krankheit u. ihre Bedeutung für mich erkannte. Phasenweise war ich sehr resigniert. Die Begegnung und der Austausch mit anderen Betroffenen sind hilfreich, stützend und im wahrsten Sinne des Wortes belebend. Ein weiterer Punkt ist, Zugang zu dem sich ständig erweiternden Wissen um die Krankheit zu haben und nutzen zu können.

N.N., Dezember 2012
Der Name ist unserem Partnerverein, der Hämochromatose Vereinigung Deutschland e.V. bekannt

Morbus Wilson: Kranke Seele, kranker Körper?

Mittwoch, Dezember 12th, 2012

Alles begann an einem Nachmittag im Dezember 1985. Ich saß gerade an meinem Arbeitsplatz als Sachbearbeiterin, als mein Kopf zu zittern anfing. Es kam ganz plötzlich, und ich hatte keinerlei Einfluss darauf. Ich war 23 Jahre alt und steckte mitten in einer emotionalen Krise. Die Trennung vom Freund, allein in einer neuen Wohnung und ein unbefriedigender Arbeitsplatz machten mir sehr zu schaffen.

Als es auch am nächsten Tag nicht besser wurde, suchte ich einen Arzt auf. Dieser lachte mich aus und meinte, ich zittere ja wie eine alte Frau. Er gab mir eine Valium mit den Worten, ich solle mich erst einmal ausschlafen.

Nach ein paar Tagen ging der Tremor auf meinen ganzen Körper über, vor allem die Hände waren betroffen. Meine Schrift wurde unleserlich, und alltägliche Handgriffe wurden zum Problem. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr, sogar im Ruhezustand vibrierte alles.

Da ich annahm, ich hätte mir einen Nerv eingeklemmt, besuchte ich mehrere Neurologen. Da sie nichts finden konnten, wurde mir mehrfach gesagt, das Zittern habe höchstwahrscheinlich psychische Ursachen. Unzufrieden mit dieser Diagnose versuchte ich es weiter.

Bei den Allgemeinärzten wurde mir jedes Mal Blut abgenommen, die Reflexe überprüft und in die Augen geschaut. Ich musste mit ausgestreckten Armen auf einer Linie laufen, was mir sehr schwer fiel. Da das Blut nie auf Kupfer untersucht wurde, war es immer in Ordnung, auch meine Leberwerte. Keiner der Ärzte sah meinen Kayser-Fleischer-Ring bzw. konnte ihn richtig deuten. Meistens wurde mir eine Psychotherapie empfohlen, aber auch als Simulantin wurde ich hingestellt.

Ich wurde körperlich immer schwächer, und inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, ob nicht doch meine kranke Seele die Ursache des Zitterns ist. Ich bekam schwere Depressionen, kündigte meinen Arbeitsplatz und wusste nicht mehr weiter. Schließlich versuchte ich es doch mit einer Psychotherapie. Natürlich brachte sie keinen Erfolg. Eine innere Kraft und der Glaube an eine organische Ursache meiner Symptome ließen mich weitersuchen.

Ich bemühte mich um die stationäre Aufnahme in einem bekannten Reha-Zentrum. Nach drei Wochen intensiver Untersuchungen in der Neurologie, inklusive CT, MRT und Rückenmarkpunktierung, kam es zu keinem Befund.
Stattdessen bekam ich eine Überweisung in die hauseigene psychosomatische Abteilung. Dort verbrachte ich weitere fünfeinhalb Monate. Da ich die für die Ursache meines Tremors angeblich verantwortlichen Gründe nicht akzeptieren wollte, wurde ich als »aufmüpfig« entlassen. »Therapie zu späterem Zeitpunkt möglich!!« stand in meinem Arztbericht.

Wieder daheim, versuchte ich es bei einem Homöopathen. Dieser tippte auf eine Amalgamvergiftung. Doch auch das Entfernen aller Füllungen aus den Zähnen, diverse Globuli und Akupunktur halfen nicht. Auch bei einem Heilpraktiker suchte ich Rat, ebenso ließ ich mich hypnotisieren. Doch alles natürlich ohne Erfolg.

Nach der Einnahme eines Antidepressivums ging es mir zumindest psychisch wieder besser. Ich schrieb mehrere Bewerbungen, kam auch aufgrund guter Zeugnisse oft bis zum Vorstellungsgespräch, aber da ich mein Zittern nicht erklären konnte, hatte ich keine Chance. Mehrere Male wurden mir bei so einem Gespräch Drogenprobleme unterstellt. Es war immer wieder ein Tiefschlag.

Neben den ganzen Arztbesuchen machte ich Computerkurse und besuchte andere ABM-Maßnahmen vom Arbeitsamt. Ich kam in eine Übungsfirma. Dort traf ich viele kranke Menschen, die wieder ins Berufsleben wollten. Die Übungsleiter unterstützten uns beim Bewerbungenschreiben, nach langer Zeit fühlte ich mich endlich wieder besser. Jeder hier hatte ein Handikap, und das Zittern gehörte nach über vier Jahren schon fast zu meinem Leben. Nach unzähligen Absagen bekam ich schließlich doch eine Anstellung als Sachbearbeiterin in der Rechnungsprüfung einer großen Firma. Leider war es keine schöne Zeit. Sobald ich das Großraumbüro betrat, fühlte ich mich beobachtet, und es wurde getuschelt. Meine Symptome waren eben nicht zu übersehen.

Zum Glück (!) zog ich mir recht bald eine Bindehautentzündung zu. Ich ging zu einer Augenärztin, die gerade ihre Praxis neu eröffnet hatte. Sie war ganz frisch von der Uni und hatte das Krankheitsbild des Morbus Wilson noch gut im Gedächtnis. Sie erkannte sofort meinen Kayser-Fleischer-Ring. Nachdem sie sich noch einmal daheim belesen hatte, riet sie mir, mein Blut sofort auf Kupfer untersuchen zu lassen. So wurde nach fast fünf Jahren endlich mein Morbus Wilson gefunden. Die Ungewissheit hatte ein Ende, und ohne zu wissen, was diese Diagnose für mich bedeutete, spürte ich ganz deutlich, wie die Resignation wich und die Lebensenergie schlagartig zurückkam. Nun konnte es mir nicht schnell genug gehen, richtig behandelt zu werden.

Meine Lebensretterin empfahl mir noch eine Klinik mit Spezialisten für diese Krankheit, und von da an ging es kontinuierlich mit mir bergauf. Eine Leberbiopsie und ein Radiokupfertest bestätigten zusätzlich die Diagnose. Ich erfuhr, dass diese Krankheit ohne Behandlung tödlich sei und eine Leberzirrhose, wie auch ich sie habe, zum Krankheitsbild gehört. Auch mein vermehrter Speichelfluss sei ein typisches Symptom. Zum ersten Mal nach fast fünf Jahren fühlte ich mich gut aufgehoben und ernst genommen.

Ich wurde auf viermal täglich Metalcaptase eingestellt. Gegen das lästige Zittern bekam ich, auf mein Drängen hin, zusätzlich sechs Wochen lang Artane, ein Mittel gegen Parkinson. Zu meinem großen Glück bildeten sich meine neurologischen Symptome komplett zurück.

Nun konnte das Leben wieder beginnen. Mit Büroarbeiten wollte ich nichts mehr zu tun haben. So bekam ich im März 1991 eine Festanstellung im Verkauf und arbeitete dort bis zur Geburt meiner Tochter im Jahre 2000. Während der Schwangerschaft nahm ich nach Absprache mit dem Arzt dreimal täglich Metalcaptase. Ich stillte nicht, es gab einfach zu wenig Erfahrungsberichte über das Stillen bei Einnahme dieser Tabletten, darum wollte ich kein zusätzliches Risiko eingehen.

Kurz nach der Geburt meines Kindes stieg ich, auf Anraten meines Arztes, auf eine Zinktherapie um. Seitdem nehme ich dreimal täglich 50 mg Zinksulfat. Leider bekam ich bald nach der Umstellung eine chronische Darmentzündung. Angeblich soll kein Zusammenhang mit der Zinkeinnahme bestehen. Jetzt muss ich gegen die Colitis Ulcerosa leider doch wieder Chemie zu mir nehmen.

Mit meinem Wilson geht es mir heute sehr gut. Über viele Erlebnisse meiner fünfjährigen Odyssee kann ich inzwischen schmunzeln und ihnen sogar etwas Positives abgewinnen. Ich habe in dieser Zeit viel über mich und die Menschen gelernt und freue mich, dass ich letztendlich doch die Kraft hatte, trotz vieler Rückschläge nicht aufzugeben.

Ich hoffe, ich kann durch meine Geschichte anderen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, Mut machen.
Nur nicht aufgeben und immer an sich selbst glauben!!

Susanne S., 2007

Meine Erfahrungen mit Hämochromatose (männlich, 71 Jahre)

Mittwoch, Dezember 12th, 2012

Anlässlich des Treffens der Hämochromatose-Vereinigung am 1. Dez. 2012 in Köln wurde ich gebeten, meinen „Leidensweg“ einmal aufzuzeigen.

Dieser Bitte komme ich gerne nach.

- mit ca. 30 Jahren wurden bei mir auffällige Leberwerte festgestellt.  Ursache unbekannt, da keine Vorerkrankungen (Leistungssport – kein Alkohol !)

- schlechte Leberwerte (GPT 50 – 60 u/l) auch weiterhin, ohne weitere Erkenntnisse

mit ca. 38 – 40 begannen die Gelenkprobleme, vor allem in den Knien,

Diagnose des Orthopäden: Arthrose – es folgen viele Spritzen u. Punktionen

- 1993 wurde dann nach vielen Untersuchungen Rheuma diagnostiziert, ein Rheuma-Faktor konnte jedoch nicht nachgewiesen werden – weiterhin schlechte Leberwerte

- 1994 erste Knie OP (Entfernung der Knorpel im re. Knie)

- vermehrte Beschwerden in Knien, Sprunggelenken, Hände usw.

- 1995 1. stat. Aufenthalt in der Rheumaklinik Wanne Eickel –

Diagnose: chronische Polyartritis, fortschreitende Arthrose in den Gelenken

Weiterhin schlechte Leberwerte – Ursache evtl. Schmerzmedikamente !!!

- 1999 Kur in Bad Gastein (Radon Stollen) – Geheimtipp bei Rheuma – keine Besserung

- 2001 zweite Knie OP (Entfernung der Knorpel li. Knie)

- 2002  2. stat. Aufenthalt in der Rheumaklinik Wanne Eickel –

Diagnose: chronische Polyartritis, fortschreitende Arthrose, sehr schlechte Leberwerte und eine ausgeprägte Osteoporose

- 2002 Termin in der Rheumaklionik Sendenhorst: erst in dieser Klinik wurde erstmals der Ferritin Wert bestimmt – 4800 ug/l – danach die Diagnose: Hämochromatose !!!

- 2003 Gen-Test: C 282 Y – Mutation nachweisbar

- 2003 Beginn der Aderlass Therapie

- 2003 Leberpunktion: eine ausgeprägte Fibrose wurde festgestellt

- 2005 Ersatz des linken Sprunggelenks in der Endoklinik Bad Oeynhausen

- 2006 Ersatz des rechten Kniegelenks. Das linke Knie wird folgen.

Leider bin ich erst 2007 auf die Hämochromatose-Vereinigung Deutschland gestoßen, erst damit begann meine Aufklärung hinsichtlich Des „Gesamtkomplexes Hämochromatose“.

Ich bin erstaunt, welch einen Weg man nimmt, – man muss es erst aufschreiben.

Ich hoffe, Sie können mit meiner Aufstellung etwas anfangen.

N.N.
Der Name ist der Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V. bekannt

Hämochromatose, was ist das?

Montag, Dezember 10th, 2012

Ende 1990 wurde bei mir diese Erkrankung festgestellt. Zunächst einmal war es ein Schock. Ich konnte weder mit dem Begriff „Hämochromatose“ noch mit dem deutschen Wort „Eisenspeicherkrankheit“ etwas anfangen.

Nach Abschluß der erforderlichen Untersuchungen und Einleitung der einzig möglichen Therapie, die in Aderlässen bestand und auch heute noch besteht, begann ich mich langsam mit dieser ererbten Stoffwechselerkrankung auseinanderzusetzen. Ich versuchte, an Material zu kommen, um die biochemischen Vorgänge im Körper nachvollziehen zu können.

Publikationen über diese Erkrankung waren zu diesem Zeitpunkt sehr selten bzw. für Betroffene kaum zugänglich. Bei meinen Recherchen stieß ich aber auf eine Arbeit von Herrn Prof. Dr. Niederau, damals Uniklinik Düsseldorf. In einem persönlichen Gespräch wies Herr Prof. Dr. Niederau auf die Notwendigkeit einer Selbsthilfegruppe gerade für diese Erkrankung hin, die zwar recht häufig vorkommt, jedoch in der breiten Öffentlichkeit und selbst bei Medizinern weitgehend unbekannt ist.

Den Gedanken an eine Selbsthilfegruppe habe ich dann nach Eintritt in den Ruhestand aufgegriffen. Vordergründig war dabei die Vorstellung, durch Aufklärung und Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen Präventivarbeit zu leisten, um durch rechtzeitige Diagnosestellung irreversible Spätschäden zu vermeiden.

Durch Zeitungsberichte wurde ich auf KISS Köln (Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe) aufmerksam.

Durch KISS erhielt ich auch die Informationen, die zur Gründung einer eigenen Selbsthilfegruppe erforderlich waren.

Um weitere Betroffene zu finden, haben wir Faltblätter entworfen, gedruckt und verteilt, um auf uns aufmerksam zu machen.

Zwischenzeitlich nahm ich Kontakt zur Universitätsklinik Heidelberg auf, die sich intensiv mit der Hämochromatose beschäftigt. Herr Dr. Gehrke machte auf die Gruppe auf seiner Webseite im Internet aufmerksam; eine eigene Hämochromatose-Sprechstunde wurde an der Universitätsklinik Heidelberg eingerichtet. .

Die daraufhin erfolgte Resonanz war verblüffend. Zahlreiche Betroffene meldeten sich bei mir und waren an einer Gruppengründung sehr interessiert.

Im August 1999 konnte mit  Unterstützung von KISS Köln die Selbsthilfegruppe Hämochromatose in Köln gegründet werden.

Der Betroffenenkreis geht inzwischen weit über den regionalen Bereich hinaus und erstreckt sich über das gesamte Bundesgebiet.

In regelmäßigen Abständen finden Zusammenkünfte statt, bei denen neben einem Erfahrungsaustausch auch Referenten zu Wort kommen, die neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln.

Im Januar 2000 haben wir begonnen, eine eigene Homepage im Internet einzurichten, von der Betroffene alles Wissenswerte über die Krankheit abrufen können. Des weiteren wurde eine umfangreiche Informationsmappe zusammengestellt, die Betroffene und Interessierten auf Wunsch zugesandt bzw. auf Messen und Kongressen ausgelegt wird. Eine Ernährungs- und Aderlass-Broschüre folgten.

Der Weg von der Gründung der kleinen Selbsthilfegruppe bis zum heutigen Tage war recht mühselig, Euphorie und Frustration wechselten einander ab. Besonders schwierig war das Herstellen der für uns so wichtigen Verbindungen zu Ärzten, Institutionen und Krankenhäusern. Auch der nicht unerhebliche finanzielle Aufwand sollte dabei nicht unterschätzt werden. Letztendlich siegte jedoch immer das Engagement und der Wille, vielen Betroffenen von der noch immer ziemlich unbekannten Krankheit zu helfen und Wege aufzuzeigen, rechtzeitig die entsprechenden Hilfen auch ärztlicherseits zu erhalten.

Im Januar 2001 wurde aus dieser Selbsthilfegruppe die nunmehr bestehende HVD Hämochromatose-Vereinigung-Deutschland e.V. gegründet. Zwischenzeitlich gibt es auf Bundesebene 23 Kontaktstellen bzw. Ansprechpartner. Durch regelmäßige Schulungen werden sie in die Lage versetzt, die HVD auf Messen und Gesundheitstagen nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand zu vertreten.

Seit 2002 findet neben den regelmäßigen Zusammenkünften alljährlich zusätzlich ein gemeinsames Wochenendseminar an unterschiedlichen Orten mit Referentenvorträgen und Erfahrungsaustausch statt, das bei Betroffenen und deren Familienangehörigen großen Anklang gefunden hat.

Dank intensiver Arbeit der aktiven Vorstandsmitglieder und auch der ehrenamtlichen Mitarbeiter konnte in den vergangenen Jahren der Bekanntheitsgrad der HVD weiter ausgebaut werden. So präsentierte sich der Verein auf zahlreichen Messen und Kongressen auf nationaler aber auch auf internationaler Ebene und steht in engem Kontakt mit führenden Medizinern und Kliniken im Bundesgebiet.

Auch im Medienbereich hat die Vereinigung Kontakte aufgebaut, an deren Intensivierung weiter gearbeitet wird.

Eine enge Zusammenarbeit besteht mit der Dt. Leberhilfe bzw. der BAG Leber. Ferner bestehen  Kontakte zu regionalen Gesundheitsorganisationen, deren Krankheitsbild gewisse Symptome mit der Hämochromnatose gemein hat. Ebenso wird ein reger  Erfahrungsaustausch mit ausländischen Hämochromatose-Vereinigungen gepflegt.

Die Erfahrungen, die wir im Laufe der Jahre im Rahmen unserer Vereinsarbeit sammeln konnten, haben gezeigt,  dass die Selbsthilfe von allen Betroffenen und inzwischen auch von  zahlreichen Medizinern sehr positiv beurteilt und unterstützt wird.

Renate Fritsch,
Februar 2008

 

Hämochromatose: Patientenbericht, männlich, 72 Jahre (Stand 2012)

Montag, Dezember 10th, 2012

Wunschgemäß sende ich Ihnen kurz meinen Krankheitsverlauf.

Im Mai 2008 wurde bei mir von meinem Hausarzt  beim Anamnese-Gespräch Hämochromatose festgestellt, da mein Bruder ebenfalls diese Krankheit hatte.

Eisenwerte waren ok. aber der Ferritinwert lag über 1.700.

Nach über 60 Aderlässen liegt er jetzt bei ca 50.

3-4mal im Jahr gehe ich jetzt zur Uni Köln, um  über den Aderlass Blut zu spenden.

Alle Laborwerte sind in Ordnung, auch die Leberwerte.

Gelenkschmerzen treten nur ganz selten auf.

Ich hoffe, Ihnen mit diesem kleinen Bericht geholfen zu haben
N.N.
(Der Name ist unserem Partnerverein, der Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V. bekannt)

Hämochromatose: Krankengeschichte von Bernd E., männlich 64 J.

Montag, Dezember 10th, 2012

Es begann eigentlich vor etwa zehn Jahren, wo mir so nach und nach bewußt wurde, dass mit meiner Gesundheit etwas nicht stimmen könnte. Noch eher aber hatten Bekannte und Verwandte mich immer wieder gefragt, was ich am Vorabend bzw. in der Nacht treibe, wenn ich schon nachmittags oder am frühen Abend müde wurde und mit mir nicht mehr viel anzufangen war.

Anfangs konnte ich das noch etwas abfedern, da ich relativ viel Sport betreibe bzw. durch Bergwandern sehr oft in Bewegung und damit in gesunder Umgebung bin. Trotzdem wurden diese Leistungseinbrüche im Laufe der Zeit intensiver. Besonders negativ trat das natürlich im

beruflichen Alltag in Erscheinung. Ich bin da seit vielen Jahren als Konstrukteur in einer schnell wachsenden und weltweit agierenden modernen Firma tätig. Die Anforderungen an Kondition und Konzentration waren da zum Teil extrem hoch. Dass es da zu Überbelastung und Ausfallserscheinung kam, ist sicher völlig normal. Wahrscheinlich habe ich es nur einer außergewöhnlichen humanen Lebenseinstellung und des damit verbundenen Verständnisses für diese Situation meines Abteilungschefs zu verdanken, dass ich bis zum Ende meines Berufsalltages diese Tätigkeit durchgehalten habe. Ab einem Jahr etwa genieße ich nun das ruhige und angenehme Leben einer kulanten Altersteilzeitreglung.

Zurück zu meiner Krankheit. Bis zu deren eigentlichen Erkennung ging es mir erst einmal von Jahr zu Jahr schlechter. Die konsultierten Ärzte behandelten mich von stimmungsaufhellenden Mitteln über Kuren bis zu psychologischen Untersuchungen. Außerdem wurden dabei erhöhte Blutdruckwerte festgestellt, die ich seitdem mit Betablockern in den Normalbereich kontrolliert senke, wobei ich in meinen jüngeren Jahren eigentlich immer höchstens zu geringe Werte aufzuweisen hatte.

Im Jahr 2005 hatte ich mich dann, welch glückliche Fügung des Schicksals, in einer territorial nahe liegenden Universitätsklink zu einer wissenschaftlichen Studie angemeldet. Hierbei wurde unter sportmedizinischer Anleitung ermittelt, wie die Leistungsfähigkeit von 50- bis 65- jährigen durch gezieltes aktives Training nachhaltig gesteigert werden kann. Bei dessen Voruntersuchungen wurde nun auch der Eisengehalt im Blut überprüft, und hierbei bei mir ein Ferritinwert von ca.2300ng/ml (normal 50-300) festgestellt. Was nun kam, war dann schnell und folgerichtig: gentechnische Ursachenermittlung, Lebercheck einschließlich Biopsie und als Sofortmaßnahme Aderlaßtherapie. So wurden mir etwa 20 Monate lang im Turnus von 14 Tagen jeweils 500 ml Blut abgenommen und somit der Eisenwert auf erst einmal 20ml/mg gesenkt. Mein Allgemeinbefinden hat sich in dieser Zeit in mehr oder weniger starken Sprüngen deutlich gebessert. Besonders nach den Blutabnahmen ist oft für einige Tage ein sehr angenehme Befindlichkeit des Allgemeinzustandes zu spüren.

Seit dem Erkennen dieser Krankheit habe ich mein Leben nun noch einmal gründlich durchgecheckt, und als Folge davon das eh nur geringe Rauchen ganz eingestellt, den nur gelegentlichen Alkoholkonsum auf minimalste Mengen reduziert bzw. für den Zeitraum der Aderlaßtherapie ganz eingestellt und durch eine gesündere kontrollierte Ernährung versucht, meiner angeschlagenen Gesundheit eine optimale Reaktivierung zu schaffen.

Sport betreibe ich nach wie vor, so oft das meine Gesundheit bzw. mein Alter noch erlauben.

Bleibende Schäden, mit denen ich mich nun Abfinden muss, sind eine leichte Fibrose der Leber und eine Überempfindlichkeit gegenüber allen möglichen Speisen, auch solchen, die eigentlich mit wenig Eisen ausgestattet sind und als unbedenklich für einen Hämochromatosekranken gelten. Weiterhin haben sich von einer fortgeschrittenen Sprunggelenkarthrose abgesehen zum Glück nur leichte Gelenkschäden eingestellt. Aderlässe benötige ich vier im Jahr, um einen Ferritinwert von etwa 50 ng/ml auf Dauer einzuhalten. Größtes Problem sind eigentlich die weiterhin gebliebenen Beschwerden, die bei mir meistens nachts auftreten, und dann eine Teil der Nachtruhe mehr oder weniger stark beeinflussen. Ich verspüre dann einem sehr unangenehmes Kribbeln in den Fingern, sowie Magenverstimmungen, die ich durch nächtliche Mahlzeiten meistens lindern bzw. ganz beheben kann. Ich könnte mir vorstellen, dass hierfür der bereits eingetretene Leberschaden in Kombination mit anderen nicht erkannten kleineren Organschäden ursächlich ist. Da ich heute ja morgens beliebig ausschlafen kann, bereitet mir das aber nicht mehr die Probleme, wie ich sie noch zu meiner beruflich aktiven Zeit hatte.

Sehr geholfen hat mir in dieser nicht einfachen Zeit, dass ich sofort nach dem Erkennen dieser Krankheit dem HVD beigetreten bin und von dort mit allen notwendigen Informationen versorgt worden bin. Ich habe zwischenzeitlich an vielen Veranstaltungen, wie Fachvorträgen. Veranstaltungen der Selbsthilfegruppen, sowie Arzt/Patientenseminaren teilgenommen.

Ich möchte abschließend aber bemerken, dass ich trotzt dieser vielen Wissenserweiterungen, Erfahrungen usw. im Grunde über diese Krankheit sehr wenig weiß und ich immer noch, trotz meiner Erfahrungen bis zur Krankheitserkennung, vielen Ärzten heute noch bzw. wieder vertraue, voll auf deren z.T. sehr gute Arbeit angewiesen bin und so einem weiteren lebenswerten Lebensabschnitt voller Hoffnung entgegen sehe.

03.06.2010  Bernd E.
(Der Name ist unserem Partnerverein, der Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V. bekannt)