Hämochromatose: Krankengeschichte von Bernd E., männlich 64 J.

Es begann eigentlich vor etwa zehn Jahren, wo mir so nach und nach bewußt wurde, dass mit meiner Gesundheit etwas nicht stimmen könnte. Noch eher aber hatten Bekannte und Verwandte mich immer wieder gefragt, was ich am Vorabend bzw. in der Nacht treibe, wenn ich schon nachmittags oder am frühen Abend müde wurde und mit mir nicht mehr viel anzufangen war.

Anfangs konnte ich das noch etwas abfedern, da ich relativ viel Sport betreibe bzw. durch Bergwandern sehr oft in Bewegung und damit in gesunder Umgebung bin. Trotzdem wurden diese Leistungseinbrüche im Laufe der Zeit intensiver. Besonders negativ trat das natürlich im

beruflichen Alltag in Erscheinung. Ich bin da seit vielen Jahren als Konstrukteur in einer schnell wachsenden und weltweit agierenden modernen Firma tätig. Die Anforderungen an Kondition und Konzentration waren da zum Teil extrem hoch. Dass es da zu Überbelastung und Ausfallserscheinung kam, ist sicher völlig normal. Wahrscheinlich habe ich es nur einer außergewöhnlichen humanen Lebenseinstellung und des damit verbundenen Verständnisses für diese Situation meines Abteilungschefs zu verdanken, dass ich bis zum Ende meines Berufsalltages diese Tätigkeit durchgehalten habe. Ab einem Jahr etwa genieße ich nun das ruhige und angenehme Leben einer kulanten Altersteilzeitreglung.

Zurück zu meiner Krankheit. Bis zu deren eigentlichen Erkennung ging es mir erst einmal von Jahr zu Jahr schlechter. Die konsultierten Ärzte behandelten mich von stimmungsaufhellenden Mitteln über Kuren bis zu psychologischen Untersuchungen. Außerdem wurden dabei erhöhte Blutdruckwerte festgestellt, die ich seitdem mit Betablockern in den Normalbereich kontrolliert senke, wobei ich in meinen jüngeren Jahren eigentlich immer höchstens zu geringe Werte aufzuweisen hatte.

Im Jahr 2005 hatte ich mich dann, welch glückliche Fügung des Schicksals, in einer territorial nahe liegenden Universitätsklink zu einer wissenschaftlichen Studie angemeldet. Hierbei wurde unter sportmedizinischer Anleitung ermittelt, wie die Leistungsfähigkeit von 50- bis 65- jährigen durch gezieltes aktives Training nachhaltig gesteigert werden kann. Bei dessen Voruntersuchungen wurde nun auch der Eisengehalt im Blut überprüft, und hierbei bei mir ein Ferritinwert von ca.2300ng/ml (normal 50-300) festgestellt. Was nun kam, war dann schnell und folgerichtig: gentechnische Ursachenermittlung, Lebercheck einschließlich Biopsie und als Sofortmaßnahme Aderlaßtherapie. So wurden mir etwa 20 Monate lang im Turnus von 14 Tagen jeweils 500 ml Blut abgenommen und somit der Eisenwert auf erst einmal 20ml/mg gesenkt. Mein Allgemeinbefinden hat sich in dieser Zeit in mehr oder weniger starken Sprüngen deutlich gebessert. Besonders nach den Blutabnahmen ist oft für einige Tage ein sehr angenehme Befindlichkeit des Allgemeinzustandes zu spüren.

Seit dem Erkennen dieser Krankheit habe ich mein Leben nun noch einmal gründlich durchgecheckt, und als Folge davon das eh nur geringe Rauchen ganz eingestellt, den nur gelegentlichen Alkoholkonsum auf minimalste Mengen reduziert bzw. für den Zeitraum der Aderlaßtherapie ganz eingestellt und durch eine gesündere kontrollierte Ernährung versucht, meiner angeschlagenen Gesundheit eine optimale Reaktivierung zu schaffen.

Sport betreibe ich nach wie vor, so oft das meine Gesundheit bzw. mein Alter noch erlauben.

Bleibende Schäden, mit denen ich mich nun Abfinden muss, sind eine leichte Fibrose der Leber und eine Überempfindlichkeit gegenüber allen möglichen Speisen, auch solchen, die eigentlich mit wenig Eisen ausgestattet sind und als unbedenklich für einen Hämochromatosekranken gelten. Weiterhin haben sich von einer fortgeschrittenen Sprunggelenkarthrose abgesehen zum Glück nur leichte Gelenkschäden eingestellt. Aderlässe benötige ich vier im Jahr, um einen Ferritinwert von etwa 50 ng/ml auf Dauer einzuhalten. Größtes Problem sind eigentlich die weiterhin gebliebenen Beschwerden, die bei mir meistens nachts auftreten, und dann eine Teil der Nachtruhe mehr oder weniger stark beeinflussen. Ich verspüre dann einem sehr unangenehmes Kribbeln in den Fingern, sowie Magenverstimmungen, die ich durch nächtliche Mahlzeiten meistens lindern bzw. ganz beheben kann. Ich könnte mir vorstellen, dass hierfür der bereits eingetretene Leberschaden in Kombination mit anderen nicht erkannten kleineren Organschäden ursächlich ist. Da ich heute ja morgens beliebig ausschlafen kann, bereitet mir das aber nicht mehr die Probleme, wie ich sie noch zu meiner beruflich aktiven Zeit hatte.

Sehr geholfen hat mir in dieser nicht einfachen Zeit, dass ich sofort nach dem Erkennen dieser Krankheit dem HVD beigetreten bin und von dort mit allen notwendigen Informationen versorgt worden bin. Ich habe zwischenzeitlich an vielen Veranstaltungen, wie Fachvorträgen. Veranstaltungen der Selbsthilfegruppen, sowie Arzt/Patientenseminaren teilgenommen.

Ich möchte abschließend aber bemerken, dass ich trotzt dieser vielen Wissenserweiterungen, Erfahrungen usw. im Grunde über diese Krankheit sehr wenig weiß und ich immer noch, trotz meiner Erfahrungen bis zur Krankheitserkennung, vielen Ärzten heute noch bzw. wieder vertraue, voll auf deren z.T. sehr gute Arbeit angewiesen bin und so einem weiteren lebenswerten Lebensabschnitt voller Hoffnung entgegen sehe.

03.06.2010  Bernd E.
(Der Name ist unserem Partnerverein, der Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V. bekannt)

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