Meine Erfahrungen mit Hämochromatose

Bericht vom Patientenreferat Hämochromatose (2008)

Ich bin 63 Jahre alt, meine Hämochromatose ist bekannt seit August 2002. Gelenkschmerzen, geschwollene Gelenke, schmerzende Hände mit steigender Tendenz ab 1985.

Von 1985 an immer wieder Arztbesuche, erhöhter Blutdruck, erhöhte Leberwerte, Betablocker über 10 Jahre eingenommen. 1986 wurde zuerst rechts und 1988 links an den Knien jeweils eine Teilresektion der Menisken in der Klinik Köln-Merheim vorgenommen. Kurzer Krankenhausaufenthalt wegen Verdacht auf Herzinfarkt 1992 – ohne Befund. Wegen erhöhter Leberwerte wurde mir immer wieder geraten, auf Alkohol zu verzichten – und immer wieder wies ich daraufhin, dass ich nur selten einmal ein Kölsch trinke. Mein Hausarzt ging nicht auf meinen Hinweis ein.

Beim Blutspenden (hier in der Uni-Klinik, Blutgruppe 0 rh negativ) wurde regelmäßig der hohe Eisengehalt lobend erwähnt und positiv herausgestellt.

Bei Rücken- und Hüftschmerzen wurde ich vom Orthopäden mit Schmerzmitteln gespritzt. Meine schmerzenden Hände, rechts deutlicher geschwollen, erhielten ebenfalls diese doch sehr schmerzhafte Behandlung. Ende der 80er Jahre zeigten sich dann auf meinen Unterarmen kupferfarbene Pigmentflecken, die von den Ärzten als unerheblich bezeichnet wurden.

Aufgrund der zunehmenden Schmerzen litt ich unter Schlafstörungen, wachte nachts vor Schmerzen auf, stöhnte bei jeder Bewegung und war oft in Schweiß gebadet. Die Arbeit fiel mir zunehmend schwerer, ich hatte Probleme beim Laufen und beim Treppensteigen.

Im Sommer 2002 wurden die Gelenkschmerzen so stark, dass ich den Hausarzt wechselte. Ich hatte sehr starke Schmerzen in der linken Schulter, die ich auf die ungünstige Stellung der Düsen meiner Klimaanlage im Auto zurückführte. Ich bekam mehrere Spritzen in die Schulter. Im Anschluss wurden meine Blutwerte überprüft. Nach der dritten Laboruntersuchung wurde mir mitgeteilt, dass eine Hämochromatose, eine Genmutation, vorläge. Die Gentypisierung ergab die Mutation Cys 282 Tyr homozygot. Es wurde ein Ferritinwert von 2.330 festgestellt.

Mein Arzt führte meine Gelenkschmerzen auf diese Erkrankung zurück, er empfahl mir eine „klassische Aderlasstherapie“. Mit den Aderlässen wurde sofort begonnen.

Ich war heilfroh, in der Hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Köln-Lövenich bei den Ärzten Landmann, Isselstein, Cornely gelandet zu sein. Dieses junge Team überraschte mich mit der Hartnäckigkeit, offensichtliche Probleme anzugehen.

Über das Internet konnte ich mir dann weitere Informationen holen und kam auch dadurch an unsere Selbsthilfegruppe, der ich sofort beitrat.

Nachdem 6. Aderlass (jeweils 500 ml, zweimal wöchentlich) zeigte sich ein Ohrgeräusch im rechten Innenohr. Der Tinnitus ließ sich nicht mehr beheben.

Bei einem Ganzkörper-Skelettzintigramm im Dezember 2002 wurden Eisenablagerungen in allen Gelenken nachgewiesen.

Der Rheumatologe Dr. Pelzer in Longerich konnte eine Rheuma-Erkrankung ausschließen und führte meine Beschwerden ebenfalls auf Hämochromatose zurück. Bei dem abschließenden Gespräch am 23.12.2002 riet mir Herr Dr. Pelzer, mich während der kommenden Feiertage mit dem Gedanken an eine volle Erwerbs- unfähigkeit vertraut zu machen.

Von einem Kardiologen wurde eine Verdickung der Herzwände diagnostiziert, die sich allerdings nach ca.60 Aderlässen (1 Jahr später) wieder zurückgebildet hatte, dafür schloß dann eine Herzklappe nicht mehr richtig.

Im März 2003 wurde ich von meiner Krankenkasse zur Begutachtung durch den Medizinischen Dienst bestellt. Die begutachtende Ärztin war Neurologin und hatte von Hämochromatose noch nie etwas gehört. Die vorliegenden Unterlagen und meine Ausführungen (etwa 20 Minuten) reichten wohl für ein Urteil aus. Nach der Aderlasstherapie wurde mir von der BfA eine Reha-Massnahme in Bad Hersfeld, Klinik für Stoffwechselstörung, empfohlen. Auf meinen Einwand, die Stoffwechselstörung wäre bekannt und unabänderlich, mir würde es um die Bewältigung der massiven Gelenkschmerzen gehen, wurde ich in die „Fachklinik“ Sonnenhof im Schwarzwald geschickt. Aufenthalt vom 21.08. bis 11.09.2003. Es stellte sich für mich aber schnell heraus, dass man mir auch dort nicht helfen konnte. Eine einwöchige Verlängerung lehnte ich als sinnlos ab. Der Kurarzt gab in seiner Beurteilung auch die Empfehlung auf volle Erwerbsminderungsrente.

Um meine Schmerzen mehr in den Griff zu bekommen, bemühte ich mich um einen Termin bei der Schmerzambulanz hier in der Uniklinik. Nach mehreren Sitzungen wurden mir Transtec-Morphin-Pflaster (70 mg/h) verordnet, mit denen ich auch einigermaßen zu Recht kam. Um mit meiner zunehmenden Depression und auch den Suizidgedanken fertig zu werden empfahl man mir Herrn Dr. Langenbach, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie hier im Hause. Nach einem vierwöchigen stationären Aufenthalt mit starker Unterstützung von Dr. Langenbach hatte ich mich doch sehr gut im Griff. Zur Unterstützung wurde mir Trevilor retard 75 mg verordnet, ein Anti-Depressiva.

Im Januar 2004 mußte ich einsehen, dass auch die Schmerzambulanz mich nicht in die Lage versetzen konnte, wieder meiner Arbeit nachzugehen und reichte einen Rentenantrag ein. Dem Antrag wurde rückwirkend zum März 2003 im April 2004 stattgegeben.

Im Mai 2006 musste ich mein linkes Knie operieren lassen, die Knorpelschicht hatte sich teilweise abgelöst und wiederum wurde ein Teil des Meniskus entfernt. Aufgrund der Röntgenaufnahmen und Computertomographien werde ich mich auch an den Gedanken gewöhnen müssen, beide Kniegelenke in den nächsten Jahren durch Prothesen ersetzt zu bekommen.

Meine Schmerzen wurden im Laufe der Zeit doch wieder stärker, ich nehme an, die Schmerzmittel verloren zunehmend an Wirkung. Zusätzlich wurden mir zur Verwendung bei Bedarf Oxygesic 10 mg (ein Opiad) und Novalgintropfen verordnet.

In diesem Sommer brachte mir Frau Fritsch ein Merkblatt der Gemeinschaftspraxis

für Nuklearmedizin von Prof. Gynter Mödder zu einer Arbeitssitzung unserer Gruppe mit und meinte, das wäre vielleicht etwas gegen meine Schmerzen. Ich bemühte mich umgehend um einen Termin. Die aufwändige Voruntersuchung zur Radiosynoviorthese wurde durchgeführt. Man meinte, bei mir wären viele ´´Baustellen“ aber man könne mir mit großer Wahrscheinlichkeit Linderung verschaffen. Die Behandlung meiner Hände und der beiden Sprunggelenke ist bereits erfolgt. Ein abschwellen der Gelenke und eine Schmerzminderung trat jeweils nach wenigen Tagen ein, die endgültige Wirkung lässt sich erst nach einem halben Jahr beurteilen, dann erfolgt auch die Nachuntersuchung.

Die Nuklearmedizin gab mir wieder die Hoffnung, doch noch einmal ohne Schmerzen morgens auf zu wachen und abends ein zu schlafen! Jetzt, sechs Monate nach der Behandlung/Radiosynoviorthese bin ich zwar nicht schmerzfrei, kann aber meine Hände ohne größere Probleme bewegen.

Seit Wochen versuche ich von den Morphinpräparaten loszukommen, reduziert habe ich die Einnahme schon, aber die Entzugserscheinungen sind sehr massiv. Ich hoffe, den Entzug bis zum Sommer zu schaffen.

N.N.
(Der Name ist der Hämochromatose Vereinigung Deutschland e.V. bekannt)

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