Hepatitis C – Meine „kleinen Mitbewohner“

Ich heiße Heike Reipke, bin 47 Jahre alt, verheiratet und habe eine Tochter und einen Sohn.

1985 hatte ich im Januar eine schwere Operation, bei der ich viele Blutkonserven bekam. Dann schlichen die Jahre ins Land.

Im September 2004 schickte mich mein Hausarzt zum Spezialisten. Dann ging es los…

„Sie haben  Hepatitis C.“

Was ist das? wie schlimm ist das? Wie werde ich das wieder los??

Sofort ging ich in eine Selbsthilfegruppe und mir wurde dort direkt die Angst genommen. Alle waren sehr nett und – am Leben…

 

Die duale Therapie (mit Ribavirin und Interferon)

Am Anfang war alles gut. Ich konnte mit meinen ganzen Sportgruppen weiter machen (17 Kinder und Erwachsene). Die Kids in der Halle bauten mich immer wieder auf, ließen mich durch ihr Lachen und ihre Fröhlichkeit immer wieder meine Schmerzen und Ängste vergessen.

Meine „kleinen Mitbewohner“, die Hepatitis-C-Viren waren unter der Nachweisgrenze. Hurra!

Nach und nach ließen leider meine Kräfte nach. Bis Juni hatte ich 10 Kilo abgenommen. Ab September kam das Fieber. Anfang Oktober hatte ich dann eine Lungenentzündung mit 40° Fieber und mußte sofort ins Krankenhaus…

Die Therapie wurde abgebrochen. Nach 6 Wochen Aufenthalt durfte ich endlich nach Hause. Diese Zeit nutzten meine „Mitbewohner“, kamen aus ihren Verstecken und waren wieder da.

Dann kam das große Warten auf die neuen Medikamente.

Am 15. Dezember 2011 ging es mit der Triple-Therapie los….

 

Die Triple-Therapie

Die Triple-Therapie ging mit Ribavirin und Interferon los – den alten Bekannten. Im Januar 2012 kam Boceprevir dazu und damit auch mehr Neben­wirkungen:

-          Hautausschläge (Rücken, Arme, Po, Beine, Brust, Hinterkopf…überall das große Jucken).

-          Kopfschmerzen

-          Haarausfall

-          Zahnfleischprobleme

-          Pilz im Mund

-          Konzentrationsstörungen

Egal… starke Lokomotiven können viel ziehen… ich bin stark! Lasse mich doch von soooooo kleinen “Mitbewohnern” nicht umhauen!

Der nächste Virustest: unter der Nachweisgrenze.

Ab Februar ging es richtig mit Nebenwirkungen los……

-          Leukos im Keller (1.1 bis 1.9)

-          Erys im Keller (2.2 bis 2.7)

-          Die Thrombos auch (27.000 bis 41.000)

-          HB um die 8.0

Ich bekam Blut. Es ging weiter so. Mal rauf mal runter bis zum Zusammenbruch. Nichts ging mehr.

Der HB war nur noch 7.5. Ab jetzt hatte ich immer zwei gute Wochen dann wieder schlechtere.

Hatte ich frisches Blut, brachte ich meine Aqua-Teilnehmer in der Sportgruppe ordentlich ins Schwitzen (HB um 8.5). Ab einem HB-Wert um 8 durfte dann meine Kollegin ran.

Im Juni entwickelte ich Antikörper gegen die Blutkonserven (JK und WR). Alles wurde kompizierter. Kein Blut mehr in der Praxis. Ich durfte nur noch im Krankenhaus welches bekommen, wurde beobachtet und getestet… es wurde gefährlich schwierig, Blut für mich zu bekommen.

Deshalb der Versuch mit EPO. Ab September bekam ich das Dopingmittel. Damit versuchte mein Doc (übrigens ein ganz netter) die Blutgaben zu verhindern. Es klappte auch und der HB ging rauf, aber mir ging es immer schlechter, je mehr Epo ich spritzte.

Ich klappte beim Arzt zusammen und musste sofort ins Krankenhaus.

Epo wurde abgesetzt und ich erholte mich. Leider ging mein HB wieder nach unten – also bekam ich wieder neues Blut…

Victrelis wurde abgesetzt.

Nach 15 Blutkonserven – vielen Nebenwirkungen – neuen Bekannten – vielen Nächten mit Nahrung um 24 Uhr – neuen Erfahrungen  -einer noch fester zusammengeschweißten Familie – tollen Freundinnen – einem tollen Arzt (und Arzthelferinnen) – lieben Schwestern und Bettnachbarinnen im Krankenhaus -möchte ich allen sagen:

Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpt, hat schon verloren… also bitte kämpft!

-          Verkriecht euch nicht!

-          Geht spazieren!

-          wartet nicht auf Besuch… besucht selbst Eure Freunde und Bekannte!

-          habt bitte immer im Hinterkopf, dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht!

Ich will es gar nicht herunterspielen, denn es ist schon hart… Aber wir schaffen es!

Ich drücke Euch allen die Daumen und mir selbst, dass ich die letzten 5 Wochen noch gut schaffe und meine „kleinen „ für immer weg sind!

Ganz ganz liebe Grüße

Eure Heike 

 

——————————–  Nachtrag nach Therapieende, Dezember 2012  ——————————–

Kurz vor Ende der Therapie bemerkte ich, dass einige meiner Finger (bei Kälte) weiß wurden, also nicht durchblutet waren. Ich hatte kein Gefühl mehr in den Fingern, als würden sie nicht mehr zu mir gehören. Mit der Zeit wurde das immer mehr.

Mein Arzt sagte, dass es das sekundäre Raynaud-Syndrom sei (Leichenfingerkrankheit). Man könne später Tabletten geben, aber die würden den Blutdruck noch mehr senken. Ich solle mir dicke Handschuhe anziehen.

Seit einer Woche betrifft es auch meine Zehen. Es ist echt nicht schön, gerade jetzt im Winter. Manchmal bekomme ich unseren Hund nicht von der Leine. An das Gefrierfach darf ich nur mit Silikon-Handschuhen. Händewaschen mit kaltem Wasser? Geht nicht. Ich habe mir jetzt Schuhe gekauft, die bis minus 30 °C warm halten, denn weiße Zehen bedeuten kein Gefühl und kein Gleichgewicht…

Als Nebenwirkung der Therapie läuft es unter „selten“. Ich kenne allerdings schon drei Personen, die nach der Triple-Therapie die gleichen Probleme haben.

Aber ich habe ja ein “breites Kreuz” und kann alles schultern.

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